Ausführliche Kunstmeditation

Die ausführliche Kunstmeditation unterteilt sich in die Achtsamkeitsmeditation und die Genussmeditation.

  1. Achtsamkeitsmeditation (Technik, Stil, Form, Farbe, Licht, Meisterschaft)
  2. Genussmeditation (vertiefte bzw. erweiterte Meditation)

1. Achtsamkeitsmeditation

Entspannen und Meditieren mit Kunst machen Spaß!

Stell dir vor, du würdest einen dir heiligen Raum oder einen Tempel betreten. Lass dich nun in gleicher Weise in das Allerheiligste der Kunst hineinführen:

Lass alles los und geh gedanklich in das Bild hinein, sodass du es in aller Ruhe aufmerksam und detailliert betrachtest!

Maltechnik:

Am weitesten draußen befindet sich die Stufe der Mal- oder Kunsttechnik. Die Bildbeschriftungen informieren darüber.

Falls du Näheres über die Technik weißt, kannst du darüber sinnieren, inwiefern die Maltechnik den seelischen Werten und der Meisterschaft des Bildes dienstbar gemacht wurde.

Wie wurde die Farbe aufgetragen (Pinselstrich, Spachtel, Farbtupfen, Pastell, flüssig, lasierend, deckend)? Analysiere die „Handschrift“ des Künstlers!

Stil:

Vergegenwärtige dir die Gestaltungsprinzipien bzw. den Malstil! Was ist abgebildet und wie ist es abgebildet?

Ist ein Gegenstand erkennbar oder handelt es sich um ein abstraktes Bild?

Ist der Gegenstand eher naturalistisch (realistisch) oder idealistisch (göttlich erhöht), impressionistisch oder expressionistisch dargestellt?

Wurde nur mit Stil und Technik gearbeitet oder auch Persönliches bzw. Gefühl hinzugefügt?

Drängt sich das Erzählende in den Vordergrund oder das Tiefinnerliche?

Form:

Welche Formen und Linien kannst du entdecken oder überwiegt die Formlosigkeit?

Handelt es sich eher um Strukturen, Muster, Reliefs oder figürliche Darstellungen? Wie verteilen sich die Formen?

Wie verhält es sich mit der Flächenverteilung, dem Größenverhältnis und der Raumperspektive bzw. der Komposition des Motivs?

Gibt es einzelne Akzente, etwas Auffälliges oder eine starke Betonung in dem Bild?

Wie verhält es sich mit der Schönheit der Linien und Formen? Handelt es sich vielleicht um eine eher ungenaue, weiche Zeichnung?

Konzentriere dich auf eine Form und verfolge mit deinen Augen ihren Umriss! Welche Energie strahlt die Form aus?

Inwiefern trägt die Blickführung von Formen und Linien zur Bilddramaturgie bei?

Kannst du Ebenen in dem Bild entdecken? Zum Beispiel Vorder- und Hintergrund oder inhaltliche Ebenen?

Unterscheide u.a. senkrechte, waagerechte, hängende, geneigte, runde, ovale, dreieckige, quadratische, wellenförmige und gepunktete Formen und weise ihnen eine Bedeutung zu.

Farbe:

Hinzu kommt das Farbgefühl, welches von verschiedenen Farbqualitäten abhängig ist und zur Ausdruckskraft eines Bildes beiträgt – wie zum Beispiel: glitzernd, strahlend, seidig, samtig, hölzern, kristallin, metallisch, wässrig, ölig, fließend, dunkel, hell, warm und kalt. Die Farbe ist in noch viel höherem Maße die Trägerin der Stimmung, die ein Bild ausstrahlt, als die Form. Die feine Abstufung der Farben und Töne eines Bildes ist eine der vornehmsten Aufgaben der Malerei.

Handelt es sich um eine Grundfarbe (Rot, Gelb, Blau), um Mischfarben (Orange, Grün, Violett), um Schwarz oder Weiß oder um mehrere bunte Farben? Um kalte oder warme Farben? Um dunkle, helle oder intensive Farben?

Gibt es einen vorherrschenden Gesamtton in dem Bild, auf den die anderen Farben abgestimmt sind?

Wie klingen die Farben zusammen und wie verteilen sie sich auf der Bildfläche? In welchem Verhältnis stehen sie zueinander? Wo sind Farbeffekte festzustellen?

Welche Stimmung erzeugen die Farben? Heiter, eher düster oder aufregend?

Kannst du Farbharmonien oder Farbenakkorde entdecken?

Vielleicht möchtest du einer Farbe ein Gefühl oder auch eine Aussage zuordnen (siehe oben).

In welcher Beziehung steht die Farbe zu Maltechnik und Stil?

Licht:

Welche Helligkeitsunterschiede gibt es?

Wie verteilen sich das Licht bzw. das Hell und Dunkel in dem Bild?

Haben das Bild oder bestimmte Farben eine Leuchtkraft?

Um welche Art von Licht handelt es sich: Spiegelung, Reflexion, farbiges Licht, diffuses oder strahlendes Licht, Schatten?

Seelische Form und geistige Meisterschaft:

Am weitesten drinnen im Heiligtum stößt du auf die seelische Form bzw. die unmittelbare Äußerung der Seele des Künstlers. Sie ist das Geheimnisvolle, das Unaussprechliche, das rein aus der Seele Quellende des einzelnen Künstlers. Ein Kunstwerk kann sich dir allerdings nur dann offenbaren, wenn deine Seele gleichgestimmt ist und sich für geheimnisvolle Offenbarungen öffnet.

Übernimm nun die Aufgabe des Mit-Schöpfers, wobei sich das Kunstwerk in aller Stille in dich hineinsenkt. Tritt aus deiner Passivität heraus und setze dich aktiv mit dem Kunstwerk auseinander.

Es gibt keine Kunst ohne Freiheit: Was hebt das Bild über eine einfache Illustration empor, was macht es zur Kunst? Worin besteht die eigenschöpferische Gestaltung?

Worin liegt das Besondere, von dem du instinktiv fühlst, dass es über uns steht, dass es einer anderen Welt angehört?

Weht dir eine besondere Stimmung, eine besondere Harmonie aus dem Bild entgegen – etwas Unaussprechliches, Undefinierbares?

Gibt es in dem Bild eine Art Verstärkung oder Übertreibung? Wurde vielleicht etwas stark vereinfacht oder abstrahiert?

Was spricht dich besonders an, welche individuellen Reize und verschlüsselten Botschaften strahlt das Bild aus? Was spielt dabei eine vorrangige Rolle: Farbe, Struktur, Form, Figur, Inhalt, imaginärer Duft, Klang, persönlicher oder kulinarischer Geschmack, Maltechnik?

2. Genussmeditation

Kunstwerke kann man nicht nur sehen, sondern auch gefühlsmäßig erkunden. Im weitesten Sinne strahlen sie einen Klang, Duft und sogar Geschmack aus (Letzteres sowohl im sinnlichen als auch im kulinarischen Sinne). Ja, sie können in sich selbst tanzen bzw. eine Bewegung versinnbildlichen. Nun ist deine Fantasie gefragt, nichts ist verboten, du bist jetzt ganz frei! Du kannst nichts falsch machen!

Sinnliche Wahrnehmung:

Das Bild ist wie ein Sender, deine Antenne steht mit allen fünf Sinnen auf Empfang.

Konzentriere dich auf die Farben und Formen und spüre intuitiv in das Bild hinein. Du musst nichts beim Namen benennen oder genau beschreiben. Es ist vollkommen ausreichend, wenn du etwas fühlst, und zwar auch dann, wenn es sich nicht in Worte fassen lässt.

Wenn du willst, kannst du die folgenden Fragen beantworten. Lass dir genügend Zeit dazu!

Kannst du beim längeren Betrachten des Bildes vielleicht etwas Ungeahntes entdecken?

Mit welchem Duft weckt das Bild Assoziationen? Welche Farben duften besonders stark?

Was kannst du hören, wenn du das Bild betrachtest? Klänge, Töne, Musik, Gesang? Sind sie laut oder leise, zart oder derb?

Du kannst auch eine Verbindung zwischen dem Klang und den Farbtönen herstellen. Oder gibt es irgendein anderes Tonsignal?

Gibt es vielleicht im weitesten Sinne einen Geschmack, den du mit dem Bild in Verbindung bringen kannst?

Was empfindest du im haptischen Sinne – ohne das Bild anzufassen (weich, geriffelt, samtig, krustig, pastös)?

Wo strahlt Licht in dem Bild? Gibt es Farben mit einer ganz besonderen Leuchtkraft?

In welcher Weise ist das Bild bewegt? Gibt es tanzende oder vielleicht rhythmische Formen oder strahlt es eher Ruhe aus?

Identifizierung mit dem Kunstwerk:

Verinnerliche das Kunstwerk in seiner Schönheit und Aussage. Fühle und genieße die Farben, Formen und die Sinnesausstrahlung!

Lass sowohl die Farbe als auch den Klang, den Duft, den Geschmack und das Licht durch deinen Körper strömen!

Das Bild berührt dich, öffne ihm dein Herz!

Du bist jetzt erfüllt von der ästhetischen Schönheit des Kunstwerks, in deinem ganzen Körper klingt es nach diesem Gefühl.

Du bist jetzt Farbe, Form, Ton, Duft, Rhythmus, Geschmack und Licht. Du bist Kunst und Schönheit, du bist Gefühl!

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Als Buchautorin und Journalistin arbeitet Gabriele Walter mit dem Künstler und Grafiker Kurt Ries zusammen. In ihrem Reise- und Relaxblog helfen sie den Lesern, im Sinne der Selbstfürsorge und Prävention Stressverhalten zu korrigieren und sich Energie, Lebensfreude und mentale Kraft zuzuführen. Dabei fördern sie auch Kunst und Muse.