Kunstretreat-Konzept: Der Rhein und die Lyrik (2)

Ein PR-Konzept kann sehr vielgestaltig sein. Gleichwohl verknüpfen wir in unseren großen Wanderausstellungen sowie in dem Buch „Kunstretreat“ die zeitgenössische Kunst mit Lyrik, Musik und achtsamer Betrachtung. Guillaume Apollinaire hat eine große Anzahl rheinländischer Gedichte verfasst, welche von Märchenhaftigkeit, Romantik und Liebe beseelt sind. Köln, Rolandseck und Drachenfels sowie die Fähren gehörten zu seinen lyrischen Inhalten.

Beitragsfolge: Kunstretreat-Konzept

Ausstellung „Hommage à Guillaume Apollinaire“ im „Kunstretreat“ 2016/17:

Die Liebe und die Lyrik

Barbara Niscior, 2, Poland, Contemplation I, 2016, Acrylic, 10 x 9,3 cm

Acrylbild aus Osteuropa – Barbara Niscior, Polen

Die Liebe zu seiner Kollegin im Schloss Neuglück, der englischen Hauslehrerin Annie Playden, hat Apollinaire zweifelsohne beflügelt, aber auch enttäuscht. In dem Gedicht „Die Fähren“ huldigt er nicht nur den für einen Wanderer wichtigen Transportmitteln, sondern auch dem Liebeskummer (Letzteren hatte bereits Lord Byron mit der rheinischen Landschaft verbunden).

Hier in unserer Umgebung war Apollinaire zum Dichter gereift. Der Rhein hatte ihn zu den „Rhénanes“ (Rheinische Lieder) bzw. zu den schönsten melodischen Versen der französischen Literatur inspiriert. Allerdings brachte seine Leidenschaft für das Rheinland – in der national aufgeheizten Stimmung vor dem Ersten Weltkrieg – dem Dichter auch die scharfe Kritik seiner Landsleute ein.

Dort, wo die Fähre am Bahnhof Rolandseck anlegt, steht das in die Rheinlandschaft eingebettete Hans-Arp-Museum. Dabei ist auch Guillaume Apollinaires Bedeutung für den Dadaismus und das lyrische und bildnerische Werk Hans Arps zu würdigen. In den Jahren 1999 bis 2001 fand in Rolandseck eine einzigartige Apollinaire-Ausstellung statt, eingerahmt von Lesungen der Übersetzungen seiner Gedichte und musikalischen Darbietungen seiner Lieder. Unterhalb des Weinbergs am Rolandsbogen wurde eine Tafel zum „Literarischen Weinberg Ferdinand Freiligrath & Guillaume Apollinaire“ angebracht.

Gemalte Gedichte durch achtsame Betrachtung

Hyejeong Kwon 1, Korea, Monologue, 2006, Aquatint, Etching, 10 × 10 cm

Aquatinta-Radierung aus Asien – Hyejeong Kwon, Korea

Stets schwingt bei Apollinaire auch eine lyrische Komponente mit. Seine Kunst gründet sich auf dem Prinzip, dass sich der schöpferische Vorgang aus der Fantasie bzw. der Intuition ergeben sollte und sich auf diese Weise auch der Natur annähert. Die Natur charakterisierte er als „reine Quelle, aus welcher man ohne Angst vor Vergiftung trinken kann“.

Während das wahre Gefühl und der spontane Ausdruck als Grundfesten der Kunst zu qualifizieren sind, verweigert Apollinaire die Hinwendung zur Vergangenheit und Zukunft. Er wendet sich dem Augenblick in der Natur, dem Schönen und Erhabenen zu, welches man allein durch achtsames Betrachten im „Hier und Jetzt“ entdecken kann. Er hegte eine Vorliebe für alle Arten des Schönen und Morbiden.

Mithilfe einer bis in die Spätantike zurückreichenden meditativen Form visueller Poesie, den sog. Kalligrammen, revolutionierte Guillaume Apollinaire schließlich die traditionelle Organisationsform des Textes. Ebenso wie die Aufgabe der Perspektive im Kubismus die jahrhundertealten Sehgewohnheiten durchbrach, verwendete Apollinaire in seiner Lyrik zudem Konversationsfetzen ohne Zeitstruktur, Metrik und Verse und ohne ein lyrisches „Ich“.

Lyrik als Vergleich mit einem trunkenen Rausch

Auch darin kann man Bezugspunkte zur Haiku-Lyrik entdecken, die in unseren Ausstellungen eine bedeutende Rolle spielt. Bereits in seinem ersten Gedichtband „Alcools“ hatte er jenes Empfinden des Rausches zum Leitthema gemacht, welches die Neuerungen der Moderne damals auslösten und worin sich das Lebensgefühl der Belle Époque“ ausdrückte. Der Lyrikband enthält auch 60 Rheinland-Gedichte.

Nicht zuletzt findet man darin Parallelen zur Stimmung im gegenwärtigen digitalen Zeitalter. Heute gilt die Sammlung „Alkohol“ als der erste große Gedichtband des vergangenen Jahrhunderts. Jede Zeile kann man wie einen Schluck edlen Weins genießen – melancholisch und teilweise nur intuitiv fassbar, sind sie mit unterschwelligen Sehnsüchten behaftet.

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Als Buchautorin und Journalistin arbeitet Gabriele Walter mit dem Künstler und Grafiker Kurt Ries zusammen. In ihrem Reise- und Relaxblog helfen sie den Lesern, im Sinne der Selbstfürsorge und Prävention Stressverhalten zu korrigieren und sich Energie, Lebensfreude und mentale Kraft zuzuführen. Dabei fördern sie auch Kunst und Muse.