Mallorca und George Sand: Präludien der Melancholie (4)

Schließlich fanden George Sand und Frédéric Chopin Herberge im verlassenen Kartäuserkloster von Valldemossa, einem Bergdorf im Westen der Insel. Kein schlechter Ort für zwei Romantiker, aber die Bauern hatten sich gegen sie verschworen: Lebensmittel verkauften sie ihnen nur zu Wucherpreisen. Wagten sie zu handeln, ließ man sie einfach „hungern“.

 

Mallorca-Folge-Beiträge:

Chopin auf Mallorca“ – unsere Youtube-Playlist mit auf Mallorca komponierten Klavierstücken!

Unverstanden und ausgestoßen

George Sand geriet in Verdruss: Das Öl, das die Bauern aus ihren Früchten gewinnen sei angeblich „ranzig und zum Übelwerden“, schreibt sie in ihrem Mallorca-Reisebericht. Heute mischt sich die alte, wiederentdeckte mallorquinische Küche mit modernen Einflüssen aus Asien und der Nouvelle Cuisine. Fast schon klassisch sind das Olivenöl und der gehaltvolle Rotwein Mallorcas.

Terrassentisch mit Stühlen und Olivenöl-Würzfläschchen auf Mallorca

Terrassentisch auf Mallorca

Die mütterliche George Sand jedoch fühlte sich ausgestoßen und unverstanden. Dabei nahm Mallorca nur eine späte Erfahrung ihres Lebens vorweg. Auch die Kleinbürger ihrer geschätzten Heimat, dem Berry, erwiesen sich schließlich und endlich weit konservativer, als sie es sich ausgemalt hatte: ängstlich und chauvinistisch. Auf den eigenen Vorteil waren sie bedacht. So edel und gut wie die Protagonisten ihrer Dorfromane waren die Menschen auch damals leider nicht.

Meisterhafte Werke klassischer Musik

Dennoch entstanden in der Zelle des ehemaligen Kartäuserklosters schönste Meisterwerke der klassischen Musik. Chopin komponierte hier u. a. sein berühmtes „Regentropfen-Prélude“.

Valldemossa auf Mallorca: Figur an der Kartause

Valldemossa auf Mallorca: Figur – Maske

Mit einem kleinen Vorgarten und Blick in das Tal war das Kloster für die Schriftstellerin die „romantischste Behausung der Erde“. Ihre Kartäuserzelle war etwa so groß wie ein Haus. Das malerische Kloster selber war teilweise nur noch eine Ruine, in dem schon lange keine Mönche mehr wohnten.

Eigentlich handelt es sich um zwei Zellen, die heute im Privatbesitz sind. Die Eigentümer stritten sich lange Zeit darum, in welcher der beiden Zellen Chopin seine Zeit auf Mallorca verbracht hat. Ein Gericht in Palma legte 2011 dem Streit ein Ende und entschied, das die heutige Zelle 4 der tatsächliche Aufenthaltsort der Beiden war. Landschaftlich-geometrische Analysen von Zeichnungen, die George Sands Sohn Maurice vom Garten angefertigt hatte, lagen u. a. als Beweismittel vor.

Zwischen Romantik und Resignation

Die häusliche George Sand bemühte sich, die gemieteten Räume in der Kartause wohnlich zu gestalten. Sie war vollauf damit beschäftigt, die Kinder zu unterrichten, zu schreiben, Lebensmittel zu besorgen und mit den Bauern zu handeln.

Angeschnittene orangfarbene Kürbisfrucht auf einem Bauernmarkt der Insel Mallorca

Bauernmarkt in einem Bergdorf Mallorcas

Dann machte der laue Spätherbst einem windigen Regenwetter Platz. Es verschlechterte sich nicht nur die Stimmung von Chopins Klavier, das man mühselig aus Frankreich besorgt hatte, sondern auch der Gesundheitszustand des Komponisten und schließlich konnte sich der anspruchsvolle Fremde in der bäuerlich geprägten Umgebung kaum mehr zurechtfinden.

Freilich hätte das Paar mitunter klüger handeln können, doch George Sand machte kein Geheimnis daraus, nicht verheiratet zu sein. Glücklicherweise braucht ein Gast heute auf Mallorca nicht zu bangen, einen Stein an den Kopf geworfen zu bekommen, wenn er ohne Trauring mit einer Frau zusammenlebt – oder schlimmer noch, nicht zur Kirche geht

Für die Schriftstellerin war all dies kein Grund zur Resignation. Schöpferisch genoss sie die Kartause als einen paradiesischen Ort der Inspiration und vollendete ihren großen, mehrbändigen Roman „Spiridion“. Sie erfreute sich an Efeuranken und Blütenpracht, an der reinen Luft und dem tief blauen Meer. Die alten Olivenbäume drum herum vergleicht sie mit zyklopischen Ringkämpfern und in sich verschlungenen Riesenschlangen.

Mallorca - rustikale Holztür in einem Bauerndorf mit rostigem Schloss und rundem Türklopfer

Mallorca – rustikale Holztür

Fortsetzung:

Im letzten Beitrag der Mallorca-Serie erfahren wir mehr über Frédéric Chopin und seine Kompositionen sowie über die Winterzeit auf Mallorca.

Anmerkung: Nähere Informationen erhalten Sie in den folgenden Büchern:

  • „Ein Winter auf Mallorca“ von George Sand, Deutscher Taschenbuch Verlag GmbH & Co, München 1985
  • George Sand – Eine Biografie, Armin Strohmeyr, Reclam, Leipzig, 2004

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Als Buchautorin und Journalistin arbeitet Gabriele Walter mit dem Künstler und Grafiker Kurt Ries zusammen. In ihrem Reise- und Relaxblog helfen sie den Lesern, im Sinne der Selbstfürsorge und Prävention Stressverhalten zu korrigieren und sich Energie, Lebensfreude und mentale Kraft zuzuführen. Dabei fördern sie auch Kunst und Muse.