Die Legende von dem berühmten Felsen, an dem die Sirene mit ihrem Gesang die Fischer in den Tod lockt, wurde erst 1802 von Clemens von Brentano erfunden. Neben Heinrich Heine behandelte auch Joseph von Eichendorff voller Seelentiefe 1815 das Thema in seinem Gedicht „Waldgespräch“. Ebenso ließ sich William Turner vom poetischen Flair der Rheinlandschaft inspirieren. Im Rahmen unserer Online-Events zum Thema „William Turner und die Rheinromantik“ haben wir diesen Beitrag mit Kunstbildern aus unserer Preisträger-Ausstellung 2018 in Weißenthurm am Rhein ausgestaltet.
Online-Kunstevent „Turner und die Rheinromantik“:
- Beitragsreihe: Erlesene Gedichte der Rheinromantik
- Rheinromantik-Beitragsfolge „Auf den Spuren Turners“
- Internationale Kunstausstellung „Hommage an William Turner und die Rheinromantik“
Waldgespräch
Joseph von Eichendorff (1815)
(auch unter dem Titel „Loreley“ bekannt)
Es ist schon spät, es wird schon kalt,
Was reit’st du einsam durch den Wald?
Der Wald ist lang, du bist allein,
Du schöne Braut! Ich führ’ dich heim!
„Groß ist der Männer Trug und List,
Vor Schmerz mein Herz gebrochen ist,
Wohl irrt das Waldhorn her und hin,
O flieh! Du weißt nicht, wer ich bin.“
So reich geschmückt ist Roß und Weib,
So wunderschön der junge Leib,
Jetzt kenn’ ich dich – Gott steh’ mir bei!
Du bist die Hexe Lorelei.
„Du kennst mich wohl – von hohem Stein
Schaut still mein Schloß tief in den Rhein.
Es ist schon spät, es wird schon kalt,
Kommst nimmermehr aus diesem Wald!“
Weitere Informationen bietet unser Beitrag:
Rheinromantik: Was soll es bedeuten… Turner und die Loreley (4)
Bekannt als Dichter, der in genialer Weise zwischen den Zeilen spricht, beschäftigte Joseph von Eichendorff vor allem auch das Element der Unheimlichkeit. Da trifft ein Mann zufällig eine Frau im Wald. Das Gedicht hat vier Strophen und die beiden sprechen abwechselnd: Die erste Strophe gehört dem Mann und die letzte der Frau. Bei dem als eher konservativ bekannten Dichter hat die Frau also das letzte Wort!
In der Tat geht es in dem Gedicht imgrunde auch um die Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau, um das gegenseitige Verhältnis, welches Eichendorff – quasi zwischen den Zeilen – recht kritisch betrachtet. An Aktualität hat das Gedicht nicht verloren! Es strahlt Romantik und Brisanz zugleich aus. Der Wald erscheint als ein Labyrinth von Nacht und Tod. Dabei wiederholt die Loreley den Vers: „Es ist schon spät, es wird schon kalt“ und dreht damit den Spieß herum…
Auf seiner ersten Rheinserie von 1817 malte William Turner sieben Ansichten von der Loreley, wobei er vor allem den unteren Teil des Felsens darstellte. Sicher haben der Gesang von Natur und Poesie an dem berühmten Felsen Turners Fantasie im ganz besonderen Maße beflügelt. Bei seiner Darstellung der „Loreley“ wandte er einen Kunstgriff an: Er zeigt nur den unteren Teil des damaligen Felsens, wodurch es dem Betrachter überlassen bleibt, sich die Ausdehnung und Erhabenheit der Szenerie vorzustellen.
Preisträger-Ausstellung 2018 in Weißenthurm am Rhein (Klick hier!)
Kunstgalerie
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